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Grenzen für die Rückforderung von Familienleistungen bei Grenzgängern

Bezieht ein im Inland wohnender deutscher Staatsbürger wegen Beschäftigung im Ausland zu Unrecht Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG), so darf dieses von der Familienkasse nicht zurückgefordert werden, soweit er die ihm stattdessen zustehende Familienleistung nach dem Recht des Beschäftigungsstaates nicht mehr erhalten kann. Das hat die 9. Kammer des Sozialgerichts (SG) Freiburg mit rechtskräftigem Urteil vom 27.03.2012 (Az. S 9 KG 521/10) entschieden.

Die Klägerin bezog für drei Kinder Kindergeld von der deutschen Familienkasse, als ihr Ehemann 1994 eine Arbeitsstelle in Frankreich antrat, ohne die Familienkasse hiervon zu unterrichten. Von da an hätte die Familie richtigerweise Familienleistungen nach französischem Recht beziehen und von der deutschen Familienkasse lediglich einen Ausgleichsbetrag in Höhe der Differenz erhalten können. Die Beschäftigung in Frankreich wurde der Familienkasse im Jahr 2008 durch Zufall bekannt. Sie forderte nun das zu Unrecht bezogene Kindergeld nach dem BKGG zurück. Der Ehemann beantragte zwar rückwirkend Familienleistungen nach französischem Recht, um hiermit die Forderung der Familienkasse begleichen zu können. Dieser Antrag wurde aber wegen Verspätung abgelehnt.

Nach Auffassung des SG handelte die Familienkasse rechtswidrig. Zwar soll nach § 48 SGB X in derartigen Fällen die Leistungsbewilligung rückwirkend aufgehoben werden. In sogenannten atypischen Fällen ist hierüber aber eine Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen. Der Fall der Klägerin, so das SG, sei deshalb atypisch, weil sie nicht lediglich zurückzahlen solle, was ihr nicht zustand, sondern darüber hinaus Ansprüche nicht mehr durchsetzbar waren, die der Familie stattdessen zugestanden hätten. Hierdurch sei sie doppelt belastet. Da es sich bei den Familienleistungen um grundrechtlich besonders geschützte Ansprüche handele, dürfe die Klägerin nicht schlechter gestellt werden, als es der Familie bei von Anfang an richtiger Handhabung zugestanden hätte. Von der Rückforderung müssten daher die entgangenen französischen Familienleistungen abgezogen werden.

Hinweis: Seit 01.01.1996 wird Kindergeld in den meisten Fällen nicht nach dem BKGG, sondern nach einkommenssteuerrechtlichen Vorschriften gezahlt, für die andere Verfahrensvorschriften gelten. Die Entscheidung ist daher auf solche Kindergeldzahlungen nicht ohne weiteres übertragbar.

(Pressemitteilung vom 19.11.2012)

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